
Im Nordwesten Deutschlands kommt ein faszinierendes und zugleich seltenes Naturphänomen vor: die schwarzen Rehe. Während in der Regel die Bevölkerung von Rehen in Deutschland auf etwa 2,5 Millionen Tiere geschätzt wird, ist die Anzahl der schwarzen Rehe noch weit geringer und bleibt ein Mysterium für Wildtierexperten. Diese auffällig dunkelfärbigen Tiere sind eine Variante der gewöhnlichen Rehe, die im Allgemeinen braun-rötlich gefärbt sind. Ihr Körperbau, Gewicht und das Geweih unterscheiden sich jedoch nicht von ihren Artgenossen.
Der Hauptgrund für die farbliche Abweichung ist ein genetischer Defekt, bekannt als Melanismus. Dies führt zu einer verstärkten Produktion schwarzer Pigmente, was die Rehe mit einem tiefschwarzen bis dunkelgrauen Fell ausstattet. Delikat bleibt die Frage, wieso die Melanismus-Variante fast ausschließlich in den sogenannten Tiefebenen zwischen Ems und Elbe vorkommt. Berichte über Sichtungen von schwarzen Rehen reichen bis ins Jahr 1000 zurück, als sie erstmals um Haste bei Hannover gesichtet wurden. In dieser kleinen Gemeinde ist der schwarze Rehbock sogar im Wappen abgebildet.
Verbreitung und Geschichte
Geschichtliche Aufzeichnungen zeigen, dass schwarze Rehe auch im 16. Jahrhundert in Verden, Osnabrück und dem Landkreis Lüchow-Dannenberg anzutreffen waren. Einzelne Sichtungen sind in anderen Regionen dokumentiert, etwa im Taunus, an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie in Unterfranken, jedoch treten sie dort nur isoliert auf. Die genaue Anzahl der schwarzen Rehe in Deutschland bleibt unklar, man nimmt jedoch an, dass das Verhältnis von schwarzen zu normalen Rehen etwa 1:10.000 beträgt. Andererseits schätzen einige Experten, dass im Nordwesten Deutschlands bis zu 20 Prozent aller Rehe schwarz sein könnten.
Die Jagd auf diese seltenen Tiere zieht nicht nur heimische Jäger an, sondern auch solche aus dem Ausland, die schwarze Rehe als Trophäe begehrt haben. Trotz ihrer Beliebtheit unter Jägern muss der Bestand der schwarzen Rehe als gering eingestuft werden. Dies hat zu Einschränkungen bei der Jagd geführt. In Haste beispielsweise wurden bis 1933 nahezu alle rotbraunen Rehe geschossen, um den Bestand an schwarzen Rehen zu erhöhen, was zu einem drastischen Rückgang der braunen Artgenossen führte.
Der Schutz schwarzer Rehe
In der heutigen Zeit gibt es strenge Regelungen, insbesondere hinsichtlich der Jagd auf weibliche schwarze Rehe, die häufig nicht mehr freigegeben werden. Dies dient dem Schutz der seltenen Tiere und soll deren Bestand langfristig sichern. Experten sind sich nicht einig über die Gründe für das spezifische Vorkommen dieser Tiere in Nordwestdeutschland. Obschon die Melanismus-Variante auch bei anderen Tierarten wie Damwild und Kaninchen vorkommt, ist das Phänomen bei Rehen besonders ausgeprägt.
Die Faszination für das ungewöhnliche Tier bleibt ungebrochen. Das schwarze Reh ist nicht nur ein Beispiel für die Vielfalt der Natur, sondern auch ein Mahnmal für den Schutz und die Bewahrung seltener Arten in unserer Umwelt. Die zukünftigen Bemühungen um den Erhalt dieser einzigartigen Tiere werden entscheidend sein für deren Fortbestand und die Biodiversität in Deutschland.
Für weitere Informationen über das Phänomen der schwarzen Rehe und deren Lebensweise lesen Sie die Berichte von T-Online und ProSieben.